8.2.

Am Vormittag des 24sten Dezember wird Kiki von einer ihr unbekannten Nummer angerufen. Eine Freundin von Desirée informiert sie, dass sie sie in die Psychiatrie gebracht hat. Desirée habe versucht, sich umzubringen. Kiki schwankt. Ihre kleine Schwester wollte nicht mehr leben. Sie fühlt sich schuldig, weil sie ihr nicht sofort geholfen hat. Sie überlegt, was sie hätte unternehmen können. Kiki ruft in der Abteilung an, spricht mit dem diensthabenden Arzt, der kein Wort Deutsch versteht, informiert ihren Vater. Yogi bricht zusammen. Schliesslich ruft sie Ursle an. Diese wirkt angeheitert, aber betroffen, macht sich Vorwürfe. Kiki ist verstört. Trotz allem spricht sie sich mit Arzt und Pflegern ab. Sie geht ihre Schwester nicht besuchen.

Am Weihnachtsabend passiert etwas seltsames. Kiki ist eingeladen bei der Familie ihres Freundes. Das Fest hat ihr nicht besonders gefallen. Sie ist nachdenklich. Als sie über den Seedamm bei Rapperswil fahren, bemerkt sie eine grün gekleidete Person auf dem Brückengeländer, die gerade ins kalte Nass springt. Kiki alarmiert die Polizei, diese sucht den Körper des Selbstmörders während Stunden. Sie selber muss mitten in der Nacht genau zeigen, wo sie die Person gesehen hat. Es ist kalt, es schneit und Kiki ist todmüde.

Von nun an telefoniert sie jeden Tag mit Desirée. Sie sprechen über früher. Desirée schildert ihr viele Gedanken, die sie umtreiben. Sie leidet darunter, für ihre Mutter zwei Kinder zu sein. Sie spricht an, was Kiki oft gedacht, aber nie ausgesprochen hat: Desirée kriegte, im Gegensatz zu Kiki, nie eine Konsequenz in Form von Sprache zu spüren. Sie ist frei von jeglicher körperlicher Züchtigung aufgewachsen.

An Silvester sitzt Kiki auf dem Balkon ihres Freundes. Sie trinken Prosecco, sitzen nackt, in Wolldecken gehüllt da und sinnieren über die vergangenen Tage. Kiki blickt in den schwarzen Himmel hinauf. Es schneit. Innerlich zerreisst es sie fast. Sie ist unglücklich, weil sie ihrer Schwester nicht helfen kann. Sie ist wütend auf ihre Mutter, die so gar nichts mehr versteht und auf ihren Vater, der traumatisiert und traurig ist. Sie fühlt sich alleine. Dann fragt sie sich, was im nächsten Jahr werden soll. Sie fasst sich nie Vorsätze fürs neue Jahr, doch zum ersten Mal in ihrem Leben denkt sie, dass es von nun an nur besser werden kann.

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